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Bündnis für Menschenwürde und Arbeit

Nachrichten aus Gesellschaft und Arbeitswelt

Krefelder*innen für soziale Gerechtigkeit

 

Veranstaltung mit Verantwortlichen und Entscheidungsträgern der Stadt Krefeld im Südbahnhof

Logo Sozialbndnis KrefeldMehr als 80 Teilnehmer*innen folgten am 12. Februar 2019 der Einladung des Krefelder Sozialbündnis und informierten sich im Südbahnhof über Aspekte sozialer Gerechtigkeit in unserer Stadt.
Michael Schäfers, Katholische Arbeitnehmerbewegung Deutschland, erläuterte in einem Grundsatzvortrag den Aspekt der Gemeinwohlgerechtigkeit aus Sicht der christlichen Soziallehre und der Vereinten Nationen.
 
Sein Fazit für die Bereiche Bildung, Wohnen und Stromversorgung:
  • Nach einer aktuellen Analyse der UN herrscht auch in Deutschland ein eklatanter Mangel an sozialer Gerechtigkeit.
  • Soziale Probleme werden in Kommunen konkret. Kommunen müssen in Deutschland politisch, sozial und finanziell deutlich gestärkt werden, um ihrer sozialen Verantwortung gerecht werden zu können.
  • Hinsichtlich der Grundbedürfnisse Bildung, Stromversorgung und Wohnen sind wirksame gesetzliche und finanzielle Regelungen erforderlich. Dazu gehören ein kostenfreies Bildungssystem, der Anspruch auf eine Grundversorgung mit Strom/Heizung sowie der Schutz und Entzug des Wohnungsmarktes vor Spekulation.
 
Markus Schön, Beigeordneter der Stadt Krefeld, legte im Anschluss dar, dass auch aus Sicht der Stadtverwaltung ein hoher Handlungsbedarf im Bereich der Bildung von der Elementarstufe bis zum Schulabschluss besteht.
Norbert Hudde, Leiter des Planungsamtes bestätigte den hohen Bedarf an bezahlbarem Wohnraum in Krefeld. Der Bedarf an mehr als 5.000 Wohneinheiten sei über Jahre nicht zu decken.
Henning Trupke und Karl Stetz, Stadtwerke Krefeld, erläuterten, warum in Krefeld jährlich mehr als 2.000 Stromsperrungen vollzogen werden. Sie regten eine verbesserte Energieberatung der Stromkunden in Zusammenarbeit mit dem Jobcenter, der Verbraucherberatung und den Sozialverbänden an.
Im Anschluss diskutierten die Teilnehmenden gemeinsam mit den Referenten in drei Arbeitsgruppen.

Familienarmut/Bildung

Die Arbeitsgruppe regt an, in Nordrhein-Westfalen eine grundsätzliche Gebühren- und Lernmittelfreiheit für alle Bildungsstufen von der Elementarstufe (KITA) bis zur Sekundarstufe einzuführen, um eine Chancengleichheit für alle Kinder zu ermöglichen. In allen Stadtteilen Krefelds sollten wieder öffentliche Büchereien eingerichtet bzw. ein regelmäßiger Bücherbus eingeführt werden. Es besteht ein hoher Investitionsbedarf für die Schulgebäude, auch um diese für einen inklusiven Unterricht herzurichten. Markus Schön kündigt die Einrichtung eines Familienzentrums an, das die Grenzen zwischen Kindertagesstätte und Grundschule in einem Gebäude vereinigt und die Übergänge zwischen beiden Bildungsstufen kontinuierlicher und durchlässiger macht. Die Gruppe fordert von der Stadt ein zentral gelegenes Bildungs- und Teilhabezentrum, welches auf die Anliegen der Bürger eingeht und zur Verwaltung vermittelt. Herr Schön beabsichtigt, an jeder Schule einen Sozialarbeiter einzusetzen und die Inklusion an Schulen zu verbessern. Quereinsteiger in pädagogische Berufe sind herzlich willkommen. Die Arbeitsgruppe fordert, ein Sozialticket für den öffentlichen Nahverkehr einzuführen, das allen Kindern und Jugendlichen eine kostenfreie Mobilität innerhalb der Stadt ermöglicht.

Wohnungsarmut

Das Sozialbündnis Krefeld hat bei der Erstellung seines Grundlagenpapiers zur "Sozialen Gerechtigkeit" im Frühjahr 2018 lokale Ansätze für die weitere Arbeit benannt. Zum Thema Wohnen wurde eine Arbeitsgruppe gebildet, die auch die AG Wohnen in der Veranstaltung am 12.2. vorbereitet hat. In den zur Verfügung stehenden 30 Minuten konnten nur einige Aspekte andiskutiert werden.
In Krefeld gibt es weniger als 6.000 Sozialwohnungen; der Bestand wird weiter sinken. In den nächsten zehn Jahren fallen 1.950 Wohnungen aus der Sozialbindung, nur 1.700 werden neu gebaut. Der Wohnungsbau in Krefeld wird trotz 24 ausgewiesener Neubauflächen insgesamt den Bedarf nicht erfüllen können. Die Stadt und auch die Wohnstätte sind planerisch, personell und finanziell vollständig ausgelastet. Bemängelt wurde, dass Krefeld kein Wohnungsamt hat und das Thema auf mehrere Fachbereiche verteilt ist.
Herr Hudde, Leiter des Planungsamtes, teilte mit, dass die Stadt Krefeld erstmalig über einen Ankaufetat von zunächst 5, demnächst 10 Mio. €. jährlich verfügt, mit dem Bauflächen erworben und unter planerischen Auflagen an Investoren veräußert werden können, wie es in anderen Städten teils schon länger geschieht.
Für den Bau von Sozialwohnungen fehlen Investoren die finanziellen Anreize. Nach der Abschaffung der Wohngemeinnützigkeit und umfangreichen Privatisierungen im Wohnungssektor zeigt sich immer deutlicher, dass "der Markt" das Problem nicht lösen wird.
Weitere Themen waren Zugriffsrechte der Öffentlichen Hand z.B. zur Verhinderung von Leerständen (Vorkaufsrecht), barrierearmes (Um-)Bauen, Altbausanierung (auch mit Beschäftigungsinitiativen), die Entwicklung des Kasernengeländes Kempener Allee, Einbeziehung weiterer Akteure, u.a. der Sparkasse in Verbindung mit der Frage, wie weit der politische Wille in Krefeld reicht.

Stromarmut

Unter dem Sammelbegriff „Strom“ wurden in der Arbeitsgruppe im Wesentlichen zwei Themen diskutiert: 1. Grundversorgung: In der Flüchtlingsberatung aber auch in der Sozialberatung des ALZ und im Betreuten Wohnen ist immer wieder aufgefallen, dass weniger gebildete Menschen (durchaus aber auch Menschen mit höheren Bildungsabschlüssen) und vor allem Flüchtlinge im teuersten Tarif der SWK, der Grundversorgung, waren und sind. 2. Stromsperren: Bundesweit gab es laut Bundesnetzagentur in 2017 über 6 Mio. Androhungen einer Stromsperre. In Krefeld liegt die tatsächliche Sperrquote immer noch bei über 2500 Stromsperren pro Jahr.
 
Die Vertreter der SWK wiesen in der AG wiederholt darauf hin:
 
1. Dass in den Kundencentern der SWK Bestands- und neue Kunden eingehend über günstigere Tarife (Klassik und online-Tarif) beraten würden. Über die Erfahrungsberichte der Beratungsstellen zeigten sie sich erstaunt. Das Defizit in der Beratung der SWK war deutlich geworden; aus Sicht der SWK sei dies aber auch auf Informationsdefizite der Sozialberater zurück zu führen.
2. Dass die SWK sehr flexibel auf Energieschulden reagieren würden und zahlreiche Ratenzahlungsvereinbarungen geschlossen worden seien.
 
Kontrovers und ohne einen gemeinsamen Konsens zwischen den Vertretern der SWK und den anderen Teilnehmern der AG zu finden wurde diskutiert und auch gefordert:
  • Menschen mit geringem Einkommen sollten grundsätzlich in günstigere Tarife eingestuft werden. - Die Kundenberater der SWK sollten nachdrücklich hinsichtlich zielgerichteter Beratung zu günstigerenTarifen sensibilisiert werden.
  • Entsprechend einer Empfehlung der Friedrich-Ebert-Stiftung könnte die Grundversorgung bundesweit ausgeschrieben werden. Dies könne bundesweit zu einer Ersparnis in Höhe von 1,1 Milliarden Euro zu Gunsten der Stromkunden führen.
  • Wie z.B. in England sollten von Oktober bis März keine Stromsperren vollzogen werden.
  • Das (grundsätzlich begrüßenswerte) „Krefelder Modell“1 müsste transparenter vermittelt werden.
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1 Bei drohender Energieliefersperre sollen Betroffene sich mit den Stadtwerken in Verbindung setzten. Dort wird ein Laufzettel erstellt, der Angaben über die Höhe der Energieschulden enthält. Dieser Laufzettel muss wiederum beim Jobcenter/Sozialamt abgegeben werden, mit dem Ziel einer möglichen Schuldenübernahme. Bis zur endgültigen Klärung der Schuldenregulierung wird die Energielieferung nicht gesperrt.
 
  • Vor der Vollziehung vor Stromsperren sollte eine dokumentierte und nachvollziehbare Verhältnismäßigkeitsprüfung stattfinden (vgl.§ 19 Abs. 2 S. 2 StromGVV und BR-Drucks. 306/06, S. 39).

Fazit

Die Veranstaltung war gut besucht und Verantwortliche der Stadt stellen sich den Fragen und Anregungender Teilnehmenden. In Krefeld leben fast 50.000 Menschen, die auf öffentliche Unterstützung angewiesensind. Daraus resultiert ein enormer Bedarf für die Stadt, der ohne massive Unterstützung durch Land und Bund nicht zu bewältigen ist.
  • Es fehlen ca. 7.000 zusätzliche preiswerte Wohnungen.
  • Um die Bildungschance für Kinder aus verarmten Familien zu verbessern sind massive Anstrengungen der Stadt erforderlich. Gebäude müssen besser ausgestattet werden. Die Anzahl pädagogischer Mitarbeiter muss deutlich erhöht werden. Eine grundsätzliche Gebühren- und Kostenfreiheit in allen Bildungsstufen wird gefordert.
  • Die Grundversorgung verarmter Familien mit Strom wird angeregt.
  • Die Grundversorgung mit Strom sollte deutlich kostengünstiger werden.
  • Die Beratung und Begleitung von Familien mit geringem Einkommen bei der Auswahl eines Stromtarifs und bei effizienter Stromnutzung muss deutlich verbessert werden.
  • Die Stadtverwaltung Krefeld und die Stadtwerke Krefeld sagen Bemühungen zur Verbesserung der Situation zu, verweisen aber auch auf ihre begrenzten finanziellen Möglichkeiten.
 
Das Sozialbündnis wird an den Themen dranbleiben. Mitstreiter sind herzlich willkommen:
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Denken Sie immer: daß wir nur eigentlich für uns selbst arbeiten. Kann das jemand in der Folge gefallen oder dienen, so ist es auch gut. Der Zweck des Lebens ist das Leben selbst.

 

Johann Wolfgang von Goethe
(1749 - 1832), deutscher Dichter der Klassik, Naturwissenschaftler und Staatsmann
Quelle: Goethe, Briefe. An Johann Heinrich Meyer, am 8. Febr. 1796
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