In der Mitgliederversammlung des Bündnisses für Menschenwürde und Arbeit ging es auch um das brisante Thema Renten
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Wie machen die Österreicher das nur? Wobei sich die Frage nicht auf die aktuelle politische Situation im Nachbarland bezieht. Die Rede ist - und das ist zugegeben nicht unpolitisch - von einer "guten Rente für alle". Die "Ösis" sind da wie viele andere Länder in Europa den Deutschen um Euro-Längen voraus. Das "Ruhegeld" ist beispielsweise in Austria deutlich höher als in der Bundesrepublik. Das hat Gründe. Die erklärten die Journalisten und Renten-Experten Dagmar Hühne und Holger Balodis in der Mitgliederversammlung des regionalen Bündnisses für Menschenwürde und Arbeit. Ihre Analyse über die fatalen Verwerfungen in der Rentenpolitik gerade zu Zeiten von Rot-Grün (Schröder/Fischer) war verständlicherweise gnadenlos.
Bleiben wir in Österreich. Hier bekommt der Mann durchschnittlich 2238 Euro/brutto/Monat. Das sind, so Hühne, rund 1000 Euro mehr als in Germany. Auch in Österreich ist das Finanzgefälle Mann/Frau unverantwortlich groß. "Ihr" werden als Rentnerin im Durchschnitt, brutto und monatlich 1276 Euro überwiesen. Immer noch rund 500 Euro mehr als der Rentenbezug für eine deutsche Bürgerin. Im Gegensatz hierzulande wurde die Alterssicherung von der Wiener Politik nicht teilprivatisiert. Es werden höhere Steuergelder in die Rentenkasse gezahlt, allerdings beträgt der Rentenversicherungs-Beitrag hier 22,8 Prozent, wobei der Beitrag der Arbeitgeber etwas höher ist als der der Arbeitnehmer. Deutschland im Vergleich: 18,7 Prozent, die Arbeitnehmer zahlen etwas mehr als die Arbeitgeber.
Die Politik der aktuellen Bundesregierung löse nicht das eigentliche Rentenproblem - im Gegenteil, sie verschlimmere es, so das Experten-Ehepaar. Der Vorstoß von SPD-Minister Hubertus Heil für eine Grundrente, sei "ein kleiner Schritt in die richtige Richtung". Notwendig seien grundlegende Korrekturen. Also eine echte Rentenreform. Dazu gehöre die Veränderung des jetzigen Drei-Säulen-Modells: Gesetzliche Rente, betriebliche und private Altersvorsorge. Vielmehr müsse der Steueranteil für die Rentenkasse erhöht, die gesetzliche Rente gestärkt werden, müssten alle einzahlen. Auch Freiberufler wie Ärzte, Anwälte - und Beamte. Deren Pensionen seien "um Lichtjahre höher", so Balodis. "Riester" gehöre abgeschafft, es erhöhe lediglich die Profite der Finanzwirtschaft und entlaste die Arbeitgeber.
Ein wachsendes Millionen-Heer von Geringverdienern verschärfe die Situation. Die Politik wisse sehr genau, dass "wenig Lohn, wenig Rente" bedeutet. Hühne: "Das ist Altersarmut per Gesetz." Wer immer Teilzeit gearbeitet habe, werde bestraft. Bereits jetzt lebten drei Millionen Rentner in Armut. Das sei jeder 5.. Ändere sich nichts - und davon sei auszugehen - müsse 2030 mit über 20 Millionen Altersarmen gerechnet werden, erklärten die Beiden und bezogen sich auf Hochrechnungen von Fachleuten. "Knapp die Hälfte davon ist stark gefährdet, das ist dramatisch".
Dies sei auch gesellschaftspolitisch gefährlich. Kurz gesagt: wenig Rente, Armut und Unzufriedenheit seien keine demokratischen Stabilisatoren. Hühne und Balodis sagen: "Sinnvoll und machbar ist eine Rente von etwa 2000 Euro für alle."
Der "Rest" der Mitgliederversammlung ist schnell erzählt. Bündnis-Geschäftsführer Wolfgang Fels berichtete über die Finanzen – wir haben keine eigene Kasse (darum kein Kassenbericht), sondern sind eine Kostenstelle der Stiftung Förderverein Volksverein MG. Das Jahr 2018 wurde mit einem abnehmenden Defizit abgeschlossen, was die Stiftung ausgleicht.
In seinem Bericht über die Aktivitäten des vergangenen Jahres hob Hartmut Wellssow verschiedene Einzel- wie gemeinsame Aktionen hervor. So zu den aktuellen Themen Altersarmut, Wohnungsnot, gesellschaftliche Ausgrenzung. Spiegelbildlich waren das auch Themen in der Bündnis-Zeitung, die drei, vier Mal jährlich erscheint. Gedruckt wie im Internet. Vielversprechend seien die "belebten Kontakte" zu Einzelgewerkschaften, zum DGB und Krefelder Sozialbündnis.
Beifall und Dank erhielt Renate Müller, sie verzichtete auf eine weitere Mitarbeit, nachdem sie jahrelang unsere "Mission" mit geprägt hatte. Neu hinzu kam Christa Dressen, in der Runde neu in den Bündnis-Rat gewählt wurde Axel Rayczik.