Verarmtes Leben - prekäres Leben
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Prof. Heinz-Josef Bontrop, Ökonom der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen und Prof. Dr. Nico Dragano, Medizin-Soziologe an der Uni Düsseldorf, sowie Herbert Baumann vom Arbeitslosenzentrum als Moderator und ein engagiertes Publikum waren Anfang Juni die Protagonisten unserer gut besuchten Veranstaltung in der Citykirche am Edmund-Erlemann-Platz.
„Prekäres Leben – verarmtes Leben | Was müssen wir dagegen tun?“ lautete der Titel dieser Veranstaltung, die erstmals live im Internet bei YouTube und Facebook übertragen wurde.
Die freie Enzyklopädie „Wikipedia“ schreibt: „Prekariat ist die Bezeichnung der Soziologie für eine Gruppierung, die durch Unsicherheit im Hinblick auf die Art der Erwerbstätigkeit ihrer Mitglieder gekennzeichnet ist.“ Der „Duden“ beschreibt „prekär“ als „in einer Weise geartet, die es äußerst schwer macht, die richtigen Maßnahmen oder Entscheidungen zu treffen, aus einer schwierigen Lage herauszukommen; schwierig, heikel, misslich.“
Wie kann im 21. Jahrhundert in Deutschland, in einem der reichsten Ländern dieser Erde, eine Armutsquote von derzeit 16% entstehen und jedes fünfte Kind in Armut leben? Diese wohl übergeordnete Frage beleuchtete Prof. Heinz-Josef Bontrop (Foto) aus ökonomischer Sicht und lässt dabei kein gutes Haar an der Politik. Der Ökonom fragt zuerst nach der Ursache und dann nach der Wirkung. Die Politik aber befasst sich nur mit den Symptomen, z.B. ob man dem HARTZ IV-Empfänger zwei-drei Euro mehr geben soll, so Bontrup. Er fängt mit seiner „Analyse“ jedoch schon viel früher an, nämlich bereits 1974 dem Beginn der Weltwirtschaftskrise, die wir bis heute nicht überwunden haben und zu einer bis heute andauernden Umverteilung von unten nach oben geführt hat. Dies nennt er einen Umverteilungsskandal. Mit wissenschaftlich untermauerten Zahlen belegt er seine Aussagen, wobei sich der geneigte Zuhörer beim Benennen von Billionen-Euro-Beträgen sehr, sehr klein fühlt!
Bontrup´s Zustandsbeschreibung spricht rigoros die verantwortlichen Volksvertreter*innen in der Politik an. Die anschließend fundiert gestellten Fragen aus dem Publikum beantwortete er ausführlich und in engagierter Form. Wir stellen Ihnen hier noch einen von ihm verfassten Aufsatz zur Verfügung, der seinen Vortrag im Wesentlichen wiederspiegelt.
Von strukturellen Gesichtspunkten ging es nun in einer 4-teiligen Chart-Präsentation aus medizin-soziologischer Sicht von Prof. Dr. Nico Dragano (Foto) um die medizinischen Auswirkungen von prekär lebenden Menschen zu beschreiben. Erschreckend hierbei ist das Ergebnis einer Meta-Analyse, die eine um 63 Prozent höhere frühzeitige Sterblichkeit prekär lebender Menschen ausweist. Seine Chart-Präsentation finden Sie hier.
Auch nach dieser Runde beteiligte sich das Publikum mit Fragen und Ansichten aus dem (Berufs-)Alltag. Woraus leider auch ein katastrophales Bild für unsere Zukunft gezeichnet wird. Dabei geht es uns hierzulande noch gut, wenn man in die Länder schaut, in der wir gefährliche Arbeit „exportiert“ haben beschreibt der Medizin-Soziologe.
„Diese Art von Wirtschaften tötet Menschen!“
so Dragano in Anlehnung an Papst Franziskus.
Auch Prof. Dr. Bontrup erhielt nochmal das Mikrofon. Zu der Frage nach einem „Bedingungslosen Grundeinkommen" meinte er: „Kann man nicht machen, kann man nicht finanzieren - Hört auf damit!“
Seine Alternative bzw. seine Lösung wäre eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich.
„Eine Stimme, die nicht spricht, die hört man nicht!“,
meinte richtigerweise Bontrop in seinem Impulsvortrag.
Wir, das Bündnis für Menschenwürde und Arbeit mit seinen Mitstreiter*innen werden weiterhin unsere Stimme für die Schwachen in dieser Stadt, unserer Region und in diesem Staat erheben.
Unsere Veranstaltung knüpft an die beiden Auftritte von Bettina Kenter-Götte mit dem Titel „Die HARTZ IV-Lüge" im Jahr 2019, unseren Austausch mit der Mönchengladbacher Politik 2020 sowie die Übergabe unseres im 2021 an.
Presse-Echo
rp-online.de >>> Professoren erklären Aspekte und Folgen von Armut
mg-heute.de >>> „Verarmtes Leben – prekäres Leben. Was müssen wir dagegen tun?“ – mit aktualisiertem Video der Veranstaltung