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Bündnis für Menschenwürde und Arbeit

Nachrichten aus Gesellschaft und Arbeitswelt

Erklärung des BMA zur Landtagswahl 2020 in Thüringen vom 5. Februar 2020

Thringen BundeslnderDas "Bündnis für Menschenwürde und Arbeit" hat beschlossen zu der Landtagswahl vom 5. Februar 2020 Stellung zu beziehen, daran hat die "Korrekturwahl" vom 4. März nichts geändert!

Wir, die Mitglieder des „Bündnis für Menschwürde und Arbeit“, sind in mehrfacher Hinsicht besorgt: Über die Ereignisse in Thüringen und über einen Teil der Reaktionen auf sie.

1. Am 5. Februar 2020 wurde in Thüringen - 75 Jahre nach dem Ende von Krieg und Faschismus - mit Hilfe der Höcke - AFD ein Ministerpräsident ins Amt gewählt. Dies ist eine tiefe, verabscheuungswürdige Zäsur und ein "dunkelbrauner" Tag für unsere Demokratie. Die Verantwortung für diesen Dammbruch der Demokratie tragen die CDU und FDP in Thüringen.

2. Wie wenig viele von denen, die nun vorgeblich die Demokratie retten wollen, von ihr halten, macht die medial angeheizte bundesweite Aufregung über ein regionales Ereignis deutlich. Die Abgeordneten aller Parteien im thüringischen Landtag sind von thüringischen BürgerInnen gewählt worden. Unser Verständnis von repräsentativer Demokratie orientiert sich an ihrer Definition und an unserer Verfassung. Demnach wählen die Menschen, die in einem Bundesland leben, ihre Abgeordneten, die ihre Interessen und Wünsche und Bedürfnisse in den Landtag tragen. Nirgendwo steht geschrieben oder ist verordnet, dass die Abgeordneten irgendwelchen Vorsitzenden oder Regeln oder Ansprüchen der Bundes- oder Gesamtpartei verpflichtet sind. Wir halten intensive gesellschaftliche Diskussionen über Geschehnisse wie die in Thüringen für dringend erforderlich, weil überall im Lande ähnliche Hinter- und Untergründe vorhanden sind; wir halten allerdings nichts davon, dass den Abgeordneten eines Landtages ihre politische und ihnen von ihren WählerInnen verliehene Souveränität durch irgendwelchen Druck "von oben" oder von sonst wo genommen werden soll.

Wahlergebnis Landtagswahl Thüringen 5.02.20203. Die nahezu ununterbrochen wiederholte Phrase vom "Dammbruch", der in Thüringen stattgefunden habe, greifen wir gerne auf, versehen sie aber mit einem abweichenden Inhalt. Wir weisen darauf hin, dass in der Bundesrepublik Deutschland schon wenige Jahre nach der alliierten Beendigung der Naziherrschaft altgediente Nazis, also VertreterInnen faschistischer Ideologie und Praxis, mitbestimmten, mitregierten, ihr unheilvolles Wirken in Staat und nahezu allen Bereichen der Gesellschaft fortsetzten. Für uns besteht kein Zweifel daran, dass in den letzten dreißig Jahren rechte, rassistische, militaristische Einstellungen, Vorstellungen und Handlungsmuster sich ausbreiten konnten, deren eklatanter Auswuchs die AfD geworden ist. Der sogenannte Dammbruch besteht unserer Meinung nach darin, dass zum ersten Male öffentlich demonstriert wurde, welche braunen Geschwülste sich längst in unserem Gemeinwesen herausgebildet haben.

4. Wir sind entsetzt darüber, wie ein formal korrekter, inhaltlich sicherlich erschreckender Komplott genutzt wird, um die Linke in Deutschland insgesamt zu diffamieren. Auf eine infame Weise wird von den meisten PolitikerInnen und Medien versucht, von der Rechtsentwicklung in den eigenen Organisationen, der eigenen Wählerschaft und der Gesellschaft insgesamt, die sich in Thüringen sozusagen selbst entschleiert hat, abzulenken, indem die Linke angegriffen und ausgegrenzt wird. Solche Ablenkungsmanöver verhindern nicht nur das so dringend notwendige Nachdenken über die eigentlichen Hintergründe der Ereignisse im thüringischen Landtag, sie folgen auch einer unheilvollen argumentativen Logik, die vergessen machen will, dass "links" nicht autoritär, fremdenfeindlich, rassistisch bedeutet, sondern sozial, gemeinschaftlich, weltoffen.

5. Unsere größte Sorge gilt dem, was nicht diskutiert, nicht gefragt, nicht thematisiert wird. Wir meinen, die diffuse Aufregung sollte durch gezieltes Nachdenken abgelöst werden: Rechtsentwicklung, Rassismus, Sexismus usw. haben in Deutschland einen fruchtbaren Boden, den die regierenden Parteien in den letzten Jahrzehnten bereitet haben. Rasanter Sozialabbau, mit der rot-grünen Agenda 2010 und Hartz IV, die Millionen Menschen in Not und Elend gestürzt haben; eine Kluft zwischen armen und reichen Menschen, die von Jahr zu Jahr, in diesem Land sogar besonders drastisch, wächst; Altersarmut, Kinderarmut, Wohnungsarmut, Gesundheitsarmut, Bildungsarmut, kulturelle Armut – ein immer größerer Teil der Gesellschaft wird vom gesellschaftlichen Reichtum immer weiter abgehängt. Die Liste der Missachtung von Lebensbedürfnissen der meisten Menschen ließe sich beliebig fortsetzen. Und wenn es nun um Thüringen geht, vermissen wir das Nachdenken über den Anschluss der DDR in den Jahren 1989/1990: Das Leben, die Arbeitsleistung, die Aufbauleistung nach dem 2. Weltkrieg, die sozialen Errungenschaften, die vielen guten Ideen für ein gemeinsames Deutschland, das Schwächen beider Staaten ausmerzt und ihre Stärken integriert, sind durch gezielte politische Entscheidungen und durch eine an westdeutschen Interessen orientierte Wiedervereinigung niedergewalzt worden. Die Menschen haben nicht vergessen, nicht nur nicht in Thüringen.

Die Ereignisse im Thüringer Landtag könnten Anlass für alle Menschen in diesem Land, vor allem aber für die, die als Abgeordnete, Mitglieder von Regierungen und VertreterInnen der Medien Verantwortung tragen, innezuhalten und über eigene Fehler, Versäumnisse, Einstellungen und Zukunftsvisionen nachzudenken. Denn ansonsten könnten wir das Gegenteil erleben:

Auf der schiefen Ebene nach rechts wird es noch mehr Gedränge geben.

Bündnis für Menschenwürde und Arbeit
Kirchplatz 11
41061 Mönchengladbach

https://www.facebook.com/Bündnis-fuer-Menschenwürde-und-Arbeit

 

Denken Sie immer: daß wir nur eigentlich für uns selbst arbeiten. Kann das jemand in der Folge gefallen oder dienen, so ist es auch gut. Der Zweck des Lebens ist das Leben selbst.

 

Johann Wolfgang von Goethe
(1749 - 1832), deutscher Dichter der Klassik, Naturwissenschaftler und Staatsmann
Quelle: Goethe, Briefe. An Johann Heinrich Meyer, am 8. Febr. 1796
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